Folge 22: Die Evolution der Gewalt

Shownotes

Warum führen wir Kriege, wenn wir doch Frieden wollen? Was bringt Menschen dazu, andere Menschen zu töten? Der Verhaltensforscher Carel van Schaik zeigt auf, unter welchen Bedingungen es in der Menschheitsgeschichte zu Mord und Totschlag kam. Und wie wir Kriege in Zukunft verhindern können.

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Transkript anzeigen

00:00:01: Herzlich willkommen zur neuen Folge des Bild der Wissenschaft Podcast.

00:00:04: Heute geht es um das Thema die Evolution der Gewalt.

00:00:25: Seit Jahrtausenden führen Völker gegeneinander Kriege.

00:00:28: Menschen fügen anderen Menschen unermessliches Leid zu.

00:00:32: Auch heute noch toben Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten oder in Ostafrika.

00:00:38: Krieg scheint ein fester Bestandteil der menschlichen Existenz zu sein.

00:00:42: Doch stimmt das?

00:00:43: Ist Krieg tatsächlich die natürlichste Sache der Welt?

00:00:46: Liegt es in unserem Erbgut, andere Menschen zu überfallen und zu töten?

00:00:51: Der Zoologe und Anthropologe Karel van Scheik ist vom Gegenteil überzeugt.

00:00:56: Andere Völker zu überfallen liegt keineswegs in der Natur des Menschen.

00:01:00: Im Bild der Wissenschaft Podcast erzählt er, dass der Krieg vielmehr ein düsteres Kulturgut ist und dass sich die Menschheit durchaus davon befreien kann.

00:01:09: Herzlich willkommen, Herr van Schijk.

00:01:10: Schön, dass Sie da sind.

00:01:12: Ja, gerne.

00:01:14: Sie haben kürzlich das Buch Die Evolution der Gewalt veröffentlicht.

00:01:17: Daran diskutieren Sie zusammen mit Ihren Co-Autor Harald Meller und Kai Michel die Frage, warum Menschen immer wieder Klee geführen, obwohl ja eigentlich jeder ein Frieden leben möchte.

00:01:27: Was hat sie denn eigentlich dazu bewogen, ursprünglich sich mit dieser sehr dunklen Seite der Menschheit zu befassen?

00:01:33: Kein Michl und ich haben gemeinsam eine Reihe Bücher über den Menschen geschrieben, wobei der große Ansatz ist, dass man nicht nur über eine Zeit der Menschen sprechen kann, aber dass wir uns eigentlich mehrfach neu erfunden haben.

00:01:50: Also, was wir normalerweise betrachten, ist die letzten paar Tausend Jahre, wo es Schrift gibt und, sagen wir mal, Geschichte.

00:01:57: Und wenn wir das als Maßstab nehmen, dann verpassen wir eine ganze Menge Vorgeschichte und Frühgeschichte.

00:02:06: Und die sind natürlich prägend gewesen.

00:02:08: Ich, normalerweise als Anthropologe, schauen mir die letzten zwei, zweieinhalb Millionen Jahren an, wenn nicht noch viel mehr manchmal.

00:02:16: Und Kai und uns insbesondere Harald Meller hier, ist dann sehr interessiert an die Frühgeschichte und Vorgeschichte.

00:02:24: Das bedeutet, dass irgendwann zwischen zwei Millionen und, ja, eigentlich vor ein paar Tausend meistens.

00:02:31: Und was wir jetzt versuchen, ist zu sagen, Wenn wir jetzt diese Perspektive erweitern und nicht nur auf die Geschichte schauen, aber was all diese Zeit davor geschehen ist, dann ändert uns unser Menschenbild.

00:02:45: Dann sehen wir plötzlich Sachen, die wir vorher nicht sehen.

00:02:48: Und dann zum Beispiel die erste Anwendung war, dass wir die Bibel neu gelesen haben aus einer Art Dokument, wo die ganze neolitische Revolution eigentlich erklärt wurde.

00:03:00: Ja, also historisch das Dokument, ja, lassen Sie uns sagen, welche Jahre ungefähr Bibel.

00:03:05: Ja, das hat so vor die ersten Bücher, die sind ungefähr dreitausend Jahre alt.

00:03:11: Aber die referieren natürlich an Sachen, die auch noch viel älter waren.

00:03:15: Es gibt auch ganz frühe Quellen schon mit ähnlichen Geschichten.

00:03:20: Aber das geht eigentlich darum, dass der Mensch in einer Zeit sein Geist ausgebildet hat, lange bevor Schrift gab.

00:03:32: Und dass in dieser Zeit allerhand Präferenzen entstanden sind, die völlig ja eigentlich nicht mehr gepasst haben in der neuen Zeit, aber die wir immer noch haben.

00:03:43: Wir haben uns gut angepasst an die neue Zeit, aber es nagt immer irgendwie im Hinterkopf, dass da etwas nicht stimmt.

00:03:51: Bibel fängt ja an mit Rauswurf aus dem Paradies.

00:03:54: Also haben wir etwas verbrochen.

00:03:55: Wir leben in einer Welt, wo wir jetzt bestraft worden sind.

00:04:00: Und das ist genau... was wir mit dieser neuen Ansatz erklären können.

00:04:05: Weil vorher haben wir so anders gelebt, dass man könnte sagen, das ganze Leben hat sich auf hundert-achtzig Grad gedreht.

00:04:11: Was genau ist das?

00:04:12: Wenn Sie sagen, wie wir vorher und nachher gelebt haben, Sie sagen gerade, es kommen dann die Schriftsprache dazu, diese Kulturen haben sich entwickelt, ich denke jetzt auch an die Antike, insbesondere im östlichen Mittelmeerraum.

00:04:23: Was war das vorher und dann nachher?

00:04:25: Also, um nochmal auf diese Frage zu kommen, sind wir jetzt böse.

00:04:29: Oder nicht?

00:04:29: Oder warum befassen Sie sich gerade mit der dunklen Seite der Macht sozusagen?

00:04:35: Ja, also grob gesagt, ungefähr vor zwei Millionen Jahren haben wir angefangen zu leben wie Jäger und Sammler.

00:04:41: Das haben die Vorfahren nicht gemacht, die waren einfach Affen auf zwei Beinen, könnte man sagen.

00:04:48: Und dann fängt es an, das ist ein Lebenstil, wobei man sich immer mehr voneinander abhängig gemacht hat.

00:04:57: Das bedeutet, dass immer alles geteilt wurde, alles wurde gemeinsam gemacht, alles wurde gemeinsam geplant.

00:05:03: Und das hat zu einer Psychologie geführt.

00:05:06: Erstens, dass wir hochposozial sind, also dass wir auch einander gerne helfen, dass wir, dass wir aufeinander angewiesen sind, empathisch sind, gerne zusammenarbeiten und so weiter.

00:05:20: Dann kam irgendwann nach dem Ende der letzten Eiszeit kam eine Zeit, was alles üblich wurde.

00:05:28: Die Leute haben sie angesiedelt, waren nicht mehr nomadisch.

00:05:31: Nach einer Weile haben sie angefangen, Landwirtschaft zu entdecken, könnte man sagen, zu entwickeln.

00:05:36: Und dann entsteht eine ganze neue Sozialstruktur.

00:05:40: Man ist auf einem Ort angesiedelt.

00:05:43: Da kommen ganz neue Strukturen.

00:05:47: Es wird hierarchisch und nicht mehr egalitär, wie es vorher war.

00:05:52: entstehen nach einer Weile sogar Staaten mit Königen und Armeen und alles neu.

00:05:59: Das ist alles neu.

00:06:01: Und daran muss man sich mal gewöhnen.

00:06:02: Und genau diesen Punkt haben wir jetzt in diesem neuen Buch dann aufgearbeitet.

00:06:09: Wie war das dann mit Gewalt zwischen Gruppen?

00:06:12: Das ist ja Krieg, organisierte Gewalt zwischen Gruppen.

00:06:16: Und dann sehen wir eigentlich, Sowohl in der Ethnografie, also wenn wir schauen auf diese Völker, die noch als nomadische Jäger und Sammler leben, wie in der Archäologie, also wenn man schaut, was gibt es da auszugraben, da sehen wir eigentlich fast keine Hinweise auf kriegerische Auseinandersetzungen.

00:06:37: vor der Eiszeit, sag ich jetzt mal, zur Zeit der Jäger und Sammler.

00:06:41: Das heißt, es war ein kooperatives Miteinander.

00:06:44: Teilen war üblich, man konnte nur überleben, wenn man gemeinsam gejagt und gesammelt hat.

00:06:49: Also in der sehr friedlichen Zeit und dann macht es Klick.

00:06:53: Staaten sind dort, Menschen räufen Besitztümer an und dann geht es los sozusagen.

00:06:58: Ja,

00:06:58: eben.

00:06:59: Anders gesagt, ein nomadischer Jäger und Sammler hat vielleicht auch manchmal ein bisschen Zoff mit den Nachbarn.

00:07:07: Aber die sind erstens nicht so einfach auffindbar, denn die sind auch nomatisch, also die sind dann immer wieder weg.

00:07:14: Die Dichten sind ungeheuert tief, also man hat sehr viel Mühe, sich gegenseitig überhaupt zu finden.

00:07:19: Weil zu wenig Menschen gab.

00:07:21: Weil so wenig die Dichten von Menschen auf der ganzen Welt, überall die Eger sammeln, eben in ganz tiefen Dichten, so lange sie nomatisch sind natürlich und sich nicht ansehlen.

00:07:31: Und dann kann man keine Besatzung produzieren, man kann keine keine Steuer erheben oder Tribut erfordern oder was weiß ich denn.

00:07:40: Die Leute sind einfach mobil und Sklammen kann man auch nicht halten.

00:07:46: Also all diese Vorteile von Krieg, die dann später da sind, die gab es einfach nicht.

00:07:51: Also es gab vermutlich schon manchmal Überfälle.

00:07:55: Dann wird jemand getötet, manchmal eins, manchmal ein paar mehr, aber nie systematisch.

00:08:01: Und dann ziehen sie sich schnell wieder zurück.

00:08:03: Das bedeutet, das hat auch unsere sogenannte Kriegspsychologie gebildet.

00:08:07: Da kommen wir vielleicht noch drauf.

00:08:09: Aber der Punkt ist, dass also echt kriegerische Auseinandersetzungen, sowie die dann später entstanden sind mit der Ansiedlung und insbesondere, sobald es Ungleichheit gibt und bestimmte Leute daran viel verdienen und andere eben nicht, dass es diese nicht gab vorhin.

00:08:27: Und Sie sprachen diese archäologische Zeugnisse eben ganz kurz an, so in einem Nebenplatz.

00:08:34: Sie sagen gerade bei den Jägern und Samen, das ist schwierig, Zeugnisse von Gewalt zu finden, also Beweise, Indizien für Gabesgewalt oder nicht.

00:08:42: Die haben sich dann ja wahrscheinlich in der Antike und in dem, was wir dann so an Ausgabungen kennen, geholfen, den ich mal an.

00:08:48: Ja, genau.

00:08:48: Also, jetzt reden wir wieder über Archäologie.

00:08:51: Ja.

00:08:52: Also, wenn wir schauen, bevor diese Ansiedlung, wir sehen, Höhlenmalereien oder Felsmalereien, da wird allerhand gemalt, aber keine kriegerische Auseinandersetzung.

00:09:03: Diese Felsmalereien, sobald es Neolithikum kommt, also sobald wir uns angesiedelt haben und Landwirtschaft erfunden, da sieht man oft, dass es um Krieg geht.

00:09:14: Diese spezielle Kriegswaffen, die entstehen ganz rasch, sobald man sich angesiedelt hat.

00:09:19: Auch da die ersten Massengläber, sieht man dann, und die ersten Festigungen und Verteidigungswerke.

00:09:27: All diese Sachen kommen relativ rasch, archäologisch, nach dem Ende der letzten Eiszeit, also in den Tropen natürlich ein bisschen früher aus bei uns.

00:09:36: Aber so ab ungefähr dreizehntausend vor heute fängt das alles an und dann in ein paar tausend Jahre ist es gang und gäbe geworden.

00:09:45: Sich kriegerisch auseinanderzusetzen.

00:09:47: Ja,

00:09:47: ja.

00:09:48: Ja, alles mit rumherum.

00:09:50: Also auch, dass es zum Beispiel Armeen gibt dann.

00:09:54: Sie sagten, dass eben das dieses Stichwort auch bei Jägern und Sammeln, da gab es auch gelegentlich Zoffer, aber auf keinen Fall kriegelrische Auseinandersetzung.

00:10:00: Vielleicht können wir das gerade nochmal scharf trennen.

00:10:02: Wann geht dann eine Auseinandersetzung in den Krieg überhaupt grundsätzlich oder auch historisch?

00:10:08: Ja genau, das hängt davon ab, wie man Krieg definiert.

00:10:11: Die zweite Definition ist einfach, dass eine Gruppe, eine andere Gruppe angleift.

00:10:17: oft mit Tötungsabsicht.

00:10:20: Und dass man das koordiniert macht.

00:10:23: Und mit dieser Definition haben Schimpansen Krieg.

00:10:28: Mit dieser Definition haben Jäger Samler natürlich auch Krieg, aber nur ganz, ganz selten und viel, viel weniger aus Schimpans.

00:10:35: Aber das ist natürlich eine minimale Definition.

00:10:38: Wenn man sagt, wir möchten damit auch Land gewinnen, oder eine Besatzung herstellen und so weiter.

00:10:45: Dann sehen wir das natürlich nicht bei Jägern und Sammeln und bei Schimpansen nur sehr indirekt, weil die Nachbarn dann bestimmte Teile ein bisschen vermeiden und die anderen sich ein bisschen ausdänen, könnte man sagen.

00:10:58: Genau, jetzt sind sie Ethnologe, Anthropologe.

00:11:00: Und ich fühle das gerade mal ein.

00:11:02: Sie haben lange selbst im Freiland geforscht, in Indonesien und selber unter uns erforscht.

00:11:08: Das heißt, sie sind nah am Charakter, am Wesen der Affen oder Menschenaffen.

00:11:14: Sie haben das jetzt gerade angesprochen mit den Schimpansen.

00:11:17: Da gehen wir gleich mal zurück aus dieser Menschenhistorie in das Tierreich.

00:11:21: Was haben Sie denn daraus gelernt?

00:11:24: Oder hat die Community daraus gelernt, um es dann zu übertragen auf die Menschen und dieses Thema Krieg?

00:11:29: Weil Sie in Ihrem Buch ja auch immer wieder auf Schimpansen, Bono-Bos oder auch die Orang-Utaen zifferenzieren.

00:11:35: Was erzählen die uns über uns selbst, sozusagen?

00:11:38: Ja, das Erste ist, dass was individuelle Tiere machen miteinander und Krieg zwei unterschiedliche Sachen sind.

00:11:45: Denn für Krieg muss man wegwischen.

00:11:48: fähig sein, um effektive Koalitionen zu bilden.

00:11:51: Ja.

00:11:51: Und das sind viele Arten nicht.

00:11:54: Das ist das Erste.

00:11:55: Das andere ist, wenn Tiere entscheiden, eskalierte Gewalt anzuwenden, dann tun sie das nicht, weil sie Keller-Apes sind oder völlig ihre Emotionen einfach nicht beherrschen können, aber weil sie sich ungeheuer sorgfältig überlegen, ob die Eskalation sich lohnt.

00:12:16: Das bedeutet also, dass in den allermeisten Fällen Konflikte zwischen Tieren nicht gewalttätig gelöst werden, aber mit Drohen und Umgehen und ein bisschen Bluff und so weiter, bis einer sich zurückzieht.

00:12:31: Und dass das sehen wir durch die ganze Geschichte eigentlich, das sehen wir bei den Schimpansen, das sehen wir bei Jägern Sammlung.

00:12:38: Plötzlich, bei den neuen Kriegen ist das irgendwie verschwunden.

00:12:41: Die einzelne Soldaten heutzutage entscheiden nicht mehr.

00:12:45: Ob sie mitmachen oder nicht.

00:12:48: Vielleicht im Idealfall ja, aber oft nicht.

00:12:51: Während früher haben sie sich immer selber entschieden.

00:12:54: Und das bedeutet, dass da immer eine Abwägung möglich war.

00:12:58: Was sind die Vorteile, was sind die Nachteile, was sind die Risiken?

00:13:01: Und mache ich jetzt mit ja oder nein?

00:13:03: Und das sich für mich?

00:13:04: oder was habe ich davon?

00:13:06: Was

00:13:06: habe ich davon?

00:13:07: Lote sich überhaupt.

00:13:09: Und bei den meisten Affen sehen wir, dass erstens wegen dieser Überlegung und zweitens, weil sie nicht so super clever sind in diesen Koalitionsbildung, dass da, wenn zwei Gruppen sich begegnen, die Gruppen sind immer feindig gegeneinander, die leben sich nie, aber das ist eskaliert, bis da Verletzte fallen oder sogar Töten.

00:13:33: Das ist höchst selten.

00:13:35: mit dem massiven Ausnahme der Chimpons.

00:13:38: Die sind unglaublich gut in Koalitionen bilden.

00:13:41: Und, zweitens, die sind, was wir im Giorgon Fishing Fusion nennen, das bedeutet, die ganze Community ist nur selten beisammen.

00:13:50: Die gehen alle so in kleinen Drübschen rum herum.

00:13:54: Und das bedeutet, dass wenn eine Gruppe jetzt auf die Nachbarn trifft und merkt, das sind nur ein, zwei, drei Leute, Dann können Sie angreifen.

00:14:05: und wenn Sie da gut angreifen, das ist übrigens sehr, sehr gut belegt in der ganzen Schimpansenforschung, dann kommen Sie da mit Zehen angerauscht und da geben Sie auf einen Menschen zu, der hat keine Chance.

00:14:18: Und die anderen.

00:14:20: Die sind völlig ohne Risiko, können sie angreifen, solange sie gut koordiniert sind.

00:14:24: Und dann zerlegen sie dieses Tier als Beut und dann sieht man diese overkillartige Sachen auch, wie man bei Menschen auch manchmal sieht, aber im Tierreich eigentlich kaum.

00:14:35: Also da sieht man diese Überlegenheit, massive Überlegenheit.

00:14:41: Und diese sorgfältige Abwägung lohnt es sich, denn wenn die Nachbarn zu viele sind, dann wird da geschrien und so weiter und haut man wieder ab.

00:14:49: Das heißt, ja, Schimpansen sind so, wie sagt man das, aggressiv, kriegerisch eingestellt.

00:14:57: Wegen aber oft ab, bevor es zu diesem krassen Konflikt kommt, oder?

00:15:02: Genau.

00:15:02: Und das sehen wir auch durch die ganze Zeit mit beiden Jägern und Sammeln.

00:15:06: Da gibt es ganz wenig.

00:15:09: Aber wenn so etwas passiert, dann müssen nicht alle unbedingt mitmachen.

00:15:12: Da gibt es einen Überfall, da wird oft sehr gezielt jemandem getötet.

00:15:16: Und dann sehen sie sich wieder zurück.

00:15:19: Aber das sind meistens schon in Situationen, wo die Gruppen von anderen beeinflusst werden und wegziehen müssen.

00:15:27: Und dann kommen sie sich gegenseitig in die Quere.

00:15:30: Also zum Beispiel, wenn wir jetzt schauen auf Australien zum Beispiel, wo es nie Landwirtschaft gab, bevor die Missionare kamen und das Land kolonisiert wurde.

00:15:42: Solange die Einheimischen, also die Aborigines, normalisch waren, gibt es... absolut nur Einzelfälle, wirklich ein, zwei Beschreibungen von Kriegen.

00:15:54: Und da andern wir an den Ränden, wo die Leute dann angesiedelt waren aus Jägersammler, da gab es hier viele Kriege.

00:16:02: Also solange Menschen nomadisch waren, kann man sagen, weil es nicht so besetzen gibt.

00:16:09: gab es wirklich keine kriegerische Auseinandersetzung.

00:16:12: Kann man das quantifizieren, wie viele Jahrhunderte, Jahrtausende die Menschen quasi so friedlich normalisch gelebt haben im Vergleich zu der kurzen Phase der letzten tausend Jahre.

00:16:24: Kann man das quantifizieren?

00:16:25: Was steht da einander gegenüber?

00:16:27: Das ist natürlich immer ein bisschen arbiträr.

00:16:29: Also, wann sagen wir, fängt das Jagen und Sammeln an?

00:16:33: Ist das vor zwei Millionen Jahren oder vor fünfhunderttausend Jahren?

00:16:36: Sagen wir mal, fünfhunderttausend, dann sehen wir schon ziemlich komplexe Sachen.

00:16:40: Also, dann sind wir wirklich vergleichbar.

00:16:43: Wie alt aber ist der Mensch?

00:16:45: Ja, das ist auch so diskutiert.

00:16:47: Zweihunderttausend, dreihunderttausend.

00:16:49: Aber wir reden von hunderttausenden Jahren.

00:16:52: Ja.

00:16:52: Da gab es normalisches Jagen und Sammeln.

00:16:55: Lange genug.

00:16:56: insbesondere weil auch davor eine ganz langsamen Entwicklung in diese Richtung stattgefunden hat, lange genug, um sich in unserer Psychologie eine Veranlagung zu erzeugen.

00:17:09: Wie geht man mit den Nachbarn um?

00:17:12: Und dann ist, sagen wir mal, diese Saison und Ansiedlung ist höchstens fünfzehntausend, vielleicht manchmal ein bisschen mehr, aber fünfzehntausend Jahre alt.

00:17:24: Und die meisten Leute, also vor, zum Beispiel vor dreitausend Jahren, waren die Hälfte der Weltbevölkerung noch normaler Jäger und Sammer.

00:17:31: Das heißt, wir sind über hunderttausende Jahre geprägt worden durch dieses kooperative, normalische Dasein.

00:17:37: Also

00:17:37: eigentlich müsste das in unserer DNA stecken.

00:17:40: Ja, und das tut es denn auch.

00:17:42: Denn natürlich, ich sage ja nicht, dass es jetzt keine Kriege gibt, die gibt es natürlich gang und gäbe.

00:17:49: Aber die Frage ist, Was ist das psychologische Substrat, worauf diese Kriege geführt werden können?

00:17:57: Und wenn wir jetzt im Allgemeinen anschauen, was ist eigentlich die Psychologie von Krieg?

00:18:02: Dann sind wir zwei große Elemente.

00:18:05: Das Erste, was ganz einfach ist, ist gemeinsame Verteidigung.

00:18:10: Man fühlt sich angegriffen, eine Gruppe, man schließt die Reihen, man geht Schulter an Schulter, vergisst alle interne Konflikte, Das ist wichtig, da kommen wir später vielleicht drauf.

00:18:23: Dignaturen finden das toll.

00:18:26: Und unglaublich kollektiv setzen wir uns zu wir.

00:18:31: Auch Leute, die noch nie etwas mit Krieg zu tun gehabt haben.

00:18:34: Ich bringe immer dieses Beispiel, weil es für mich so prägend war.

00:18:38: Ich lebte damals in Amerika schon eine Weile.

00:18:41: Also ich hab genau wie alle anderen, hatte ich die starke Emotion.

00:18:46: Jetzt stehen wir zusammen, jetzt verteidigen wir uns.

00:18:49: Und sorry, wir hatten jetzt keine Zeit für unsere kleine Konfliktchen.

00:18:54: Jetzt müssen wir eine hohe Priorität haben und wir verteidigen uns.

00:18:59: Das ist so tief verankert.

00:19:01: Das ist, wie ich oft sage, eine von den nächsten Präferenzen, die wir haben, die man instinktiv nennen könnte.

00:19:10: Das ist das, die eine Komponente.

00:19:12: Also wenn wir angegriffen werden, dann verteidigen wir uns und dann tun wir das sehr effektiv.

00:19:17: Die Militärwissenschaft weiß das, denn man muss mindestens dreimal so stark sein, als der Gegner, wenn man sie angreift.

00:19:24: Umgekehrt ist ein Drittung reicht.

00:19:27: Zweite Komponente.

00:19:29: Wir haben, was so schön heißt, Tötungshemmung.

00:19:33: Wir haben riesige Mühe, um Leute umzubringen, wenn sie uns nicht getan haben.

00:19:39: Das tilt jetzt auch ein bisschen pacifistisch vielleicht, aber man hat gemerkt in den Armeen im ersten, zweiten Weltkrieg, dass viele Leute einfach entweder nicht geschossen haben oder drüber gezielt oder neben geschossen haben oder sowas.

00:19:54: Die hatten das Gefühl, der Gegenüber, der hat mich doch nichts angetan, hat mir doch nichts Böses gemacht.

00:20:04: Das kann man wegtrainieren.

00:20:06: Das haben sie dann auch gemacht natürlich.

00:20:09: Aber es zeigt, dass unsere Psychologie grundsätzlich ist.

00:20:13: Die Fremden sind vielleicht nicht ganz vertrauenswürdig, aber sie sind auch nicht grundsätzlich böse.

00:20:19: Das war in der Schimpansenzeit natürlich ganz anders.

00:20:23: Und das kann man auch wieder ethnografisch zeigen, denn es gab in der Ethnografie viele Beispiele von Gruppen, die miteinander gehandelt haben.

00:20:31: Das geht auch schon hunderttausende Jahre zurück, dass man sieht, dass da Sachen weit entfernt sind, von wo sie überhaupt gefunden werden.

00:20:40: Ob sie die anklingen, ist ein tolles Beispiel, denn das ist ja sehr vereinzelt, wo man die finden kann, hunderte Kilometer entfernt.

00:20:47: Das bedeutet, dass sie schon weitergegeben wurden.

00:20:50: Und es ist natürlich auch so, dass Menschengruppen seit eh und je paar Partner ausgewechselt haben.

00:20:58: Ah

00:20:58: ja.

00:20:59: Also, dass da eine vorsichtige Neugier so gemischt mit Argwohn gegenüber Feinde entsteht oder Fremde entsteht.

00:21:08: Aber

00:21:08: keine Angriffslust.

00:21:10: Genau.

00:21:11: Also, diese zwei Elemente, die sind hochadaptiv.

00:21:15: Denn man nimmt keine blöde Risiken und dann einfach Fremde angreift.

00:21:21: Aber wenn man existenziell bedroht wird, dass man sich schon sehr gut verteidigen kann.

00:21:29: Sie nannten vorhin dieses Stichwort Kriegspsychologie.

00:21:31: Ist das schon das, was Sie meinten?

00:21:33: Oder ist das noch etwas anderes?

00:21:34: Ja, das meine ich.

00:21:35: Man kann auch sagen, Verteidigungspsychologien, denn das ist es ja meistens.

00:21:39: Aber natürlich, wenn man das mal hart und sich bedroht fühlt, kann man natürlich auch präventive Angriffskriege auf diese Art rechtfertigen, könnte man sagen.

00:21:49: Ja,

00:21:49: präventive Angriffskriege, das sieht man jetzt natürlich an die Ukraine und die Argumentation von Russland.

00:21:55: Wir wären uns Schützer und gegen den Narzissmus in der Ukraine.

00:21:59: Das ist ja genau die Akumitation.

00:22:00: Genau,

00:22:01: genau.

00:22:02: Und auch Hitler hat so gegen Polen angefangen.

00:22:05: Und Golf of Tonkin, das sagt hier vielleicht nicht so viel.

00:22:09: Alles dieses ... Man löst eine Verteidigungsreaktion aus.

00:22:13: Indem man sagt, man sei angegriffen.

00:22:15: Genau, man wird bald angegriffen oder man ist schon angegriffen.

00:22:19: Es war jetzt noch nicht so schlimm.

00:22:20: Aber warte mal, was dann demnächst kommt, müssen wir uns verteidigen und deshalb präventiv angreifen.

00:22:26: Das ist natürlich moderne Kriegspsychologie tatsächlich im schlechtesten Sinne und noch ein Stück weit von den Kriegen, vielleicht nicht.

00:22:34: Also in der Antike war es möglicherweise genauso, oder?

00:22:37: Wir können ja grad mal da reinspringen, noch mal in diese Zeit.

00:22:41: Sie sagten gerade, Menschen haben sich angesiedelt, sie hatten besitzt, es gab einen Runde überhaupt Krieg zu führen.

00:22:48: Ist das tatsächlich so ein Narrativ, das man sagt, immer die anderen sind böse?

00:22:54: Deswegen machen wir den defensiven Schritt, obwohl wir eigentlich angreifen.

00:22:58: Naja, in Neolitikum sieht man, dass am Anfang ist alles okay, und nach einer Weile fängt das an.

00:23:05: In der Ethnografie sieht man auch, wo es diese sogenannte Village Society gibt, also wo es nur Dörfer gibt, aber nichts Organisiertes auf höheren Ebene, dass man, wenn man sich dann irgendwann in die Quere kommt, man keine andere Option hat.

00:23:21: Und dann kriegt man so ein Teufelskreis, so dass das Kriege endemisch werden, weil dann kriegt man natürlich absolut diese Logik, wir sind im Moment stärker.

00:23:30: Ich sollte vielleicht die Nachbarn jetzt mal angreifen, damit sie nicht auch so stark werden, damit sie uns wieder angreifen können.

00:23:37: Und das nennt man in der Biologie die Evolutionarily Stable Strategy.

00:23:43: Wer das nicht macht, ist blöd.

00:23:46: Also, um Krieg zu vermeiden in diesen Art von Situationen, braucht es neue Reitstrukturen, zum Beispiel, dass man Handel hat oder dass die eine Gruppe etwas hat und die andere Gruppe nicht.

00:23:57: Und umgekehrt oder dass man total andere Wege sucht, um sich zu verteidigen, zum Beispiel auch da ethnografisch.

00:24:06: Beispiele gibt es dafür, dass man sagt, wir setzen uns mal zusammen, denn wir sind alle Kriegsmüde.

00:24:12: Das ist klassisch.

00:24:13: Sie sind alle immer Kriegsmüde.

00:24:16: Aber wie vermeiden wir das jetzt?

00:24:18: Wir setzen uns zusammen und sagen jetzt, wir versprechen untereinander, wenn einer angegriffen wird, werden wir alle angegriffen, verteidigen wir uns gemeinsam.

00:24:28: Dafür gibt es ethnografische Beispiele und das funktioniert dann eine Weile, bis es natürlich irgendwann schief geht.

00:24:35: Aber es zeigt, dass mit der kulturelle Entwicklung, Weiterentwicklung von Kriegsführung und Taktiken und so weiter und immer größere Reize, um die Nachbarn anzugreifen, dass man auch eine Gegenbewegung schon früh sieht, dass Leute versuchen, die Kriege zu vermeiden.

00:24:58: Wir haben ja schon, wer war jetzt, Ukraine oder andere aktuelle Konflikte angesprochen.

00:25:03: Kann man sagen, sind wir Menschen da weiser geworden im Laufe der Zeit?

00:25:07: Oder anders gab es Phasen in der Vergangenheit, die deutlich kriegerlöscher waren als heute?

00:25:13: und hat sich etwas zum Guten gewendet, um es vielleicht mal positiv zu drehen.

00:25:18: Na ja, also da muss man wieder die Perspektive ein bisschen weiter.

00:25:22: Die frühen Staaten, die so ab ungefähr zweieinhalb, dreitausend Jahre vor Christus entstanden sind, das waren, wie wir im Buch auch, wir nennen sie so, Kriegsmaschinen.

00:25:35: Das waren Kriegsherren, später wurden sie dann Könige genannt, oft alliiert mit einem Kriegsgott und hohe Priester, die oft verwandt waren, wenn nicht die gleichen Personen.

00:25:48: Und die versuchten einfach alles, um sich herum an sich zu reißen und einzuverleiben.

00:25:53: Und damit das Land größer wurde, denn die haben einfach gelebt, als Parasitär, von was sie links und rechts rauben oder auferlegen konnten.

00:26:05: Also Kriegsparasiten.

00:26:07: Ja, könnte man so sagen.

00:26:09: So sind Staaten entstanden.

00:26:10: Und nach einer Weile war die ganze Welt fast Staat, nur wo es nicht zu rauben und holen gab.

00:26:17: Gab's noch keine Staaten.

00:26:18: Ja.

00:26:19: Also, es gibt da Schätzungen, die sagen, dass das damals viel, viel schlimmer war als jetzt.

00:26:27: Und so Steven Pinker mit seinem Book, The Better Angels of a Nature, der hat gezeigt, dass das mit der Zeit in den letzten paar Tausend Jahre eigentlich relativ besser geworden ist.

00:26:39: Sogar im zwanzigsten Jahrhundert mit diesen furchtbaren zwei Weltkriegen war's pro Kopf.

00:26:46: anscheinend besser aus vorher.

00:26:49: Ja.

00:26:49: Und in den letzten Jahrzehnten, zwischen nineteen-neunzig und zwei-tausendvierzehn oder so, was hat es kaum Kriege gegeben?

00:26:57: Ja.

00:26:58: Anders gesagt, es gibt so eine Sicksacklinie, aber kriegerisch gesehen, zeigt das Ganze doch ein bisschen nach unten.

00:27:06: Und was da eine riesige Rolle gespielt hat, ist natürlich nach dem zweiten Weltkrieg, nach zwei Weltkriegen nacheinander, was die Weltgemeinschaft gesagt hat.

00:27:15: Oh mein Gott, das müssen wir jetzt wirklich unterbinden, dass so etwas wieder passiert.

00:27:20: Und da sind allerhand Institutionen gebaut, gebildet und haben sich weiterentwickelt, um dafür zu sorgen, dass Konflikte zwischen Staaten anders gelöst werden.

00:27:32: Aber was wir jetzt sehen, seit in den letzten zehn Jahren ungefähr, bricht das Ganze wieder ein bisschen zusammen.

00:27:40: Aber das muss nicht bedeuten, dass wir das nicht eine sehr hohe Priorität hat.

00:27:45: Denn alles, was wir jetzt wissen über die Geschichte von Krieg, ist, dass es nicht Menschen-Schicksal ist, unumgänglich.

00:27:53: Das gehört einfach dazu zum Leben, die wir atmen und was weiß ich, und essen.

00:27:58: Das ist alles falsch.

00:28:00: Kriege sind eine kulturell unglaublich weiterentwickelter Form von Konfliktverhalten.

00:28:06: das es vorher eigentlich nicht gab.

00:28:09: Und wir haben alle Möglichkeiten heutzutage, um auch die Möglichkeiten, um Frieden zu sichern, also Kriege entweder zu lösen oder zu vermeiden, das können wir sicher mehr ausbauen und wieder respektieren, was da eigentlich in den Nachwarten of nineteen-fünfundvierzig aufgebaut wurde.

00:28:29: Also man kann selbst nur sagen, nein, wir Menschen sind im Grunde friedfertig, es gibt für uns keinen Grund.

00:28:34: Wir sind klüger und auch von unserer DNA her friedvoller, als dass wir Kriege bräuchten.

00:28:40: Ich erinnere mich so zwischen den Kriegen, gab es ja auch von Offizieren und so weiter, die sprüche jede Generation muss einen Krieg erlebt haben.

00:28:48: Solche Dinge als würde das eben tatsächlich in unserer DNA gehören.

00:28:52: Genau, Schimpansen würden das nie sagen.

00:28:54: Die Wunsaja-Krieg gehört dazu und da gehört es auch dazu.

00:28:58: Und wir reden ja oft von den drei Generationen.

00:29:00: Die erste Generation hat Krieg geführt, ist furchtbar davon gezeichnet, erzählt das der Zweiten, aber die zweite Generation erzählt nicht die Dritte und die werden dann wieder Kriegsbegeistert.

00:29:12: So ein bisschen Aufgabe für uns, die aktuelle Zeit, die Zukunft, unsere Generation tatsächlich, das weiterzutragen.

00:29:20: Genau.

00:29:20: Das ist eine sehr wichtige Botschaft vom Buch.

00:29:23: Denn wenn man annimmt, dass es Kriege immer gab und immer geben wird und dass es einfach Menschen-Schicksal ist, dann liegt die Fokussierung nicht auf Vermeidung von Krieg, dann ist es einfach Vorbereitung auf Krieg.

00:29:37: Aber dann sind die andere Seite, die es auch gibt.

00:29:40: Und damit will ich nicht sagen, dass man sich nicht verteidigen soll natürlich.

00:29:43: Natürlich sollen wir das.

00:29:44: Aber dass wir auch versuchen, präventiv zu arbeiten.

00:29:49: dass insbesondere der Missbrauch von unserer Verteidigung oder Kriegspsychologie durch Despoten oder Eliten, dass wir das durchschauen und dass wir das auch an den Parallel stellen und dass die Leute, die es dann empfinden, worum es geht, dass sie sich bewusst sind, dass sie betrogen werden.

00:30:11: Ich würde gerne noch mal einen krassen Sprung machen zu Ihrer jahrelangen Kernforschung, doch noch mal zu den Menschenaffen zurück und was sie uns erzählen, was mich schon immer interessiert hat und jetzt auch interessiert hat, als ich das Buch gelesen habe.

00:30:25: Da wird immer so beschrieben, man hat beobachtet und die Konflikte und die Tiere, aber die bewegen sich in Grüppchen.

00:30:31: Wie sieht denn die Feldforschung aus, wenn man dort auf Borneo ist.

00:30:36: Und da muss man erst mal einen Ohren und dann finden.

00:30:38: Und dann muss man auch die Zeit haben und die Muße und auch die Gelegenheit, die Tiere zu beobachten.

00:30:44: Was sind dann da eigentlich so?

00:30:45: die Dinge, die man beobachten kann?

00:30:47: Wie macht man das, die dann vielleicht auch zu diesem Verständnis von Aggressionen von Tieren führen?

00:30:52: Man muss ja lange, lange beobachten.

00:30:54: Viele Einzelbeobachtungen machen.

00:30:56: Wie geht das?

00:30:57: Wie geht diese Feldforschung?

00:31:00: Ja, ich habe nicht nur Eure Mutants studiert, aber auch Makaken zum Beispiel und andere Arten.

00:31:06: Die sind für dieses Thema ein bisschen mehr geeignet, denn Eure Mutants sind ja Einzelgänger und die machen keine Koalitionen, nur ganz, ganz selten.

00:31:15: Also das Thema Krieg oder Zwischengruppenkonkurrenz und Zwischengruppenkonflikten gibt es da nicht.

00:31:21: Es

00:31:21: ist individuell, was dann Aggression abläuft.

00:31:24: Bei den anderen Arten, ja, man muss erst mal ... Die Tiere, was wir nennen, habituieren, also gewöhnen an Deiner Anwesenheit.

00:31:33: Und das geht nicht, indem man sie füttert natürlich einfach, indem man da ist und sich nicht allzu aufgeregt nimmt.

00:31:39: Und dann, wenn sie irgendwo hingehen, dass man so ein bisschen hinterhergeht, ohne dass man Augenkontakt macht und so weiter und nach einer Weile.

00:31:47: Manchmal eine lange Weile, aber nach einer Weile.

00:31:50: wird man dann akzeptiert.

00:31:53: Wie ein Vogel, der auf dem Zweig sitzt.

00:31:54: Genau, oder?

00:31:56: Ich bin ja Holländer, wie eine Kuh.

00:31:58: Ja, ja.

00:32:00: Dass da gräst ein Kuh neben mir, ist doch völlig egal.

00:32:03: Ja,

00:32:03: ja.

00:32:05: Und manchmal haben wir dann auch getan, als würden wir Blätter essen oder so was.

00:32:10: Nicht an die Affen interessiert.

00:32:13: Aber was wichtig ist für diese Frage, ist, dass man mehrere Gruppen so an sich gewöhnt hat.

00:32:19: Denn sonst wäre es so, dass es früher auch falsch interpretiert wurde.

00:32:25: Schau mal, meine Gruppe ist dominant.

00:32:28: Die kommen dahin und die andere Gruppe rennt weg.

00:32:31: Aber die rennen weg, weil da Menschen sind.

00:32:33: Nicht einfach, weil die Affen kommen.

00:32:35: Ach ja,

00:32:35: ach ja.

00:32:37: Also, man muss mit ein paar habitierte Gruppen haben und dann wird es ... Konz komplex, wenn sie sich begegnen und oft kann man, ich habe das auch zeigen können, oft vermeiden sie sich auf eine Distanz, die sagen wir, hundert, hundertfünfzig Meter, dann wenden sie schon ein bisschen oder drehen ein bisschen um.

00:32:56: Niemand kämpft gerne mit den Nachbarn, aber manchmal, wenn da ein toller Bau ist oder sowas, dann gehen sie von beiden Richtungen, dann begegnen sie sich.

00:33:05: Und dann wird es ganz schwierig, denn es ist ja nicht so wie bei den Schimpansen, bei den allermeisten Arten, Alle sind aufgeregt und brennen rum.

00:33:14: Und insbesondere die Menschen und die machen riesen Lärm.

00:33:18: Aber das ist nicht großkoordiniert.

00:33:20: Also es ist sehr, sehr schwierig.

00:33:22: Und weil alle so aufgeregt sind, ist es auch schwierig, sich zu erkennen.

00:33:27: Geschweige dann im Regenwald, wo es dann ganz kompliziert wird.

00:33:31: Deshalb machen wir es auch in Afrika mit grünen Meerkatzen.

00:33:34: Da ist jetzt alles ein bisschen weniger dicht und da kann man es viel besser beobachten.

00:33:39: Und da sieht man auch tatsächlich, dass sie so eine Welle kommt in diese Richtung und dann eine Welle in die andere Richtung und dann hört sie wieder auf.

00:33:47: Aber bei all diesen Sachen haben wir eigentlich nie gesehen, dass da Tiere groß verletzt wurden, geschweigenen, dass da Erwachsene getötet.

00:33:53: Und manchmal wird ein kleines Tier so ein bisschen überrollt, das kann passieren.

00:33:59: Aber eigentlich ist das absolut nicht wie unsere Kriege.

00:34:05: Das geht ganz anders zu.

00:34:07: Erstens gibt es nicht die Koordination.

00:34:09: Zweitens gibt es nicht die Tötungsabsicht.

00:34:12: Das Gleiche ist natürlich, wenn man dann gewinnt, dann gehe ich in den Baum und dann ess ich.

00:34:20: Aber was dann oft passiert, ist, dass die anderen, die sitzen fünfzig Meter weiter, die warten, bis die Gewinnergruppe dann wieder geht und da kommen sie dann nach, gehen sie auch rein.

00:34:31: Das heißt also, die Schimpansen sind so ein bisschen die Ausreisungsnegative.

00:34:35: Weil wir Menschen sind dann doch eher den Makaken ähnlich, oder?

00:34:38: Genau, genau.

00:34:40: Und Parviale und so weiter, die machen alles gleich.

00:34:43: Es gibt natürlich auch Bakaroniworen.

00:34:45: Fleischfresser, oder?

00:34:47: Ja, also Löwen zum Beispiel, die auch in Gruppen leben und auch gut koordiniert angreifen können.

00:34:53: Und die wenden diese Taktiken dann auch tatsächlich zu auf ihre Nachbarn.

00:34:59: Also, man könnte das Löwenkriege nennen, wenn man so möchte.

00:35:03: Aber wie gesagt, im Tierreich sind diese Bedingungen für echt eskalierte Gruppen auseinandersetzungen relativ beschränkt.

00:35:11: Dennoch ist über die Jahrtausende, jetzt komme ich noch mal wieder zurück zu den Menschen.

00:35:15: Ja, dieses Bild entstanden, der Mensch ist des Menschen Wolf, Homo Hominilupus.

00:35:22: Ich habe Ihrem Buch erlauben, dass es nicht, wenn ich von Thomas Hobbes den Philosophen, sondern das noch älter.

00:35:26: Ja, ja.

00:35:27: Das kommt von einem griechischen Dichter, Plautus.

00:35:31: Aber das Interessante ist, das ist das Menschenbild, womit wir alle aufgewachsen sind.

00:35:37: Wann ist es entstanden?

00:35:39: Was hat Hobbes gemacht?

00:35:40: Er war einer der ersten Übersetzer von Tutsidides.

00:35:43: Und der war wiederum einer der ersten Historiker.

00:35:46: Und was hat er zu erzählen?

00:35:48: Was starten so untereinander machen?

00:35:50: Denn man kann ja nicht ohne Archäologie und ohne Ethnografie, kann man nicht weit zurückschauen.

00:35:57: Und was war dann im Nachhinein den Fehler, den Sie gemacht haben?

00:36:00: Also, die haben gemeint, dass sei immer schon so.

00:36:04: Ja, und Hobbes habe ich gesehen, hat zur Zeit des dreißigjährigen Krieges gelebt, wenn ich nicht irre.

00:36:07: Genau, genau.

00:36:08: Also, der hat in einer Zeit gelebt, wo man verzweifeln kann.

00:36:13: Ich meine, dreißigjährige Krieg, ich glaube, vierzig Prozent der Leute sind gestorben in dieser Zeit aus Kriegsgründen.

00:36:20: Also, das sind Zeiten, dass man sich vorstellen kann, dass Hobbes so etwas schreibt.

00:36:26: Das Problem aber damit ist, dass man also das jetzt verallgemeinert zu, so waren Menschen schon immer.

00:36:34: Und das ist genau die Botschaft des Buches.

00:36:37: So waren wir nicht.

00:36:38: Und wieso ist das wichtig?

00:36:39: Denn wenn es immer schon so gewesen war, dann wäre es so etwas wie Atmen oder Essen, dann konnten wir nicht ohne Krieg.

00:36:46: Aber wir können sehr wohl ohne Krieg.

00:36:49: Ja, und wie Sie beschrieben haben, haben wir diesen inneren Widerstand, anderen etwas Böses zuzufügen.

00:36:55: Genau, genau.

00:36:57: Fast immer, wenn wir jemanden töten, ist es in Effekt.

00:37:01: Ja, also dann eskaliert etwas.

00:37:03: Und darüber wurde schon sehr viel spekuliert, unter anderem durch Konrad Lorenz, dass es einfach war, weil wir keine große Waffen hatten und uns keine lange Szene und Krallen und keine Geweihe.

00:37:16: Wir konnten uns verprügeln, aber das war meistens nicht so schlimm.

00:37:19: Ja, ich hab auch tatsächlich in der Anfangszeit meines Studiums viel Konrad Lorenz gelesen, dann sagste aber diese Triebabfuhr, es geht ja viel um Triebe und so weiter.

00:37:29: diese Aggression, der auch als Ventil dargestellt, die man unbedingt braucht, weil man sonst psychopathisch wird.

00:37:36: Nach dem, was Sie so erzählen, klingt das an den Haaren herbeigezogen.

00:37:39: Ja, es gibt sicher Verhandlungen, wofür das gilt.

00:37:43: Aber das Allermeiste dabei gilt es eben nicht.

00:37:47: Und das war sehr im Nachhinein sehr ehreführend.

00:37:51: Aber es hat auch, es hat so im Bild der Zeit gepasst.

00:37:55: Also Lorenz, ja, Zweite Weltkrieg und Zeit danach, dann kann man es verstehen, dass Leute diese Hypothese zu weit aus den Beobachtungen verallgemeinert haben.

00:38:08: Also, zum Beispiel für Sexualität gilt diese Aufstau- und Abfuhridee.

00:38:14: Und für territoriale Tiere gilt das auch, denn wenn ihre Territorien nicht regelmäßig mal patrouillieren, dann geht es auch schief.

00:38:22: Das sind also Sachen, wo es ... Irgendwo passt das.

00:38:27: Aber wer klagt, wenn er schon zwanzig Jahre Frieden war?

00:38:34: Ja, das beschwert sich eigentlich niemand.

00:38:37: Das beschwert sich doch niemand, genau.

00:38:39: Kann man sagen, dass Sie alte Indizien neu zusammengetragen haben?

00:38:45: Oder wo stehen wir jetzt allgemein in der Kenntnisbezüglich?

00:38:50: Mensch ist eigentlich friedfertig und kein Krieger.

00:38:54: Ja, da muss man auch aufpassen, dass jetzt der Mensch ist doch alles nur gut zu ziehen, denn wir wissen, dass es auch nicht stimmt.

00:39:01: Ich würde sagen so, ungefähr zwei Millionen Jahre waren wir ganz nett zueinander.

00:39:07: Denn wenn ich mal nicht nett war zu den anderen in meiner Gruppe, dann wurde ich sehr schnell ignoriert erst mal und dann vielleicht ausgestoßen, wenn ich das wirklich ziemlich bunt malte.

00:39:19: Aber im Prinzip, das war ... keine gute Idee.

00:39:21: Das war eigentlich sehr maladaptiv, könnte man sagen.

00:39:24: Also die prosoziale Elemente der menschliche Natur, die waren total dominant.

00:39:32: Das andere, das war immer so in opportunistischen Situationen, vielleicht ein bisschen, aber die erste Natur, so wie wir das nennen, die menschliche Natur in dieser Zeit, war eigentlich höchst prosozial.

00:39:43: Dann kommen die neue Bedingungen mit Ende der letzten Eiszeit, mit dem Anfang der Landwirtschaft.

00:39:49: Und dann ist eigentlich, was man machen soll, etwas ganz anderes, nämlich Besitz aufbauen, verteidigen, Ungleichheit akzeptieren und dafür sorgen, dass man selber oben ist und nicht unten, nicht teilen und und und genau das umgekehrt von, was einem vorher erfolgreich gemacht hat.

00:40:09: Aber dazu sind wir auch total fähig.

00:40:11: Und das gilt das Gleiche für Krieg.

00:40:13: in so eine Situation, wo die Kriege endemisch waren und man keinen Ausweg hatte.

00:40:18: muss man nicht Bassifist werden, denn das ist auch ein totes Urteil.

00:40:22: Also, dann haben wir diese beide Seiten, so ein Ardianus-Kopf an der menschlichen Natur, nur die Zweite, die böse Seite, die ist neu.

00:40:34: Die überlagert jetzt die Erste.

00:40:36: Es hängt von den Bedingungen ab, welches Element hier dominiert.

00:40:41: Das bedeutet, dass wenn wir die Bedingungen so machen, dass die Böse nicht greifen kann, nichts bringt.

00:40:48: dann können wir eigentlich sehr friedlich leben.

00:40:50: Also, dann könnte man sagen, der Mensch ist friedlich.

00:40:53: Man sieht also, das ist etwas, das ist in unseren eigenen Händen.

00:40:57: Wir können diese Institutionen bauen und weiterentwickeln und verteidigen, die dafür sorgen, dass Länder keine Kriege führen.

00:41:06: Dass wir unsere friedliche Seite, die uns eigentlich nahe als auslehnen können.

00:41:10: Genau, genau.

00:41:11: Ja,

00:41:12: ja.

00:41:13: Ich habe zum Schluss noch die Frage, Was was lernen wir für die Zukunft aus diesen Erkenntnissen?

00:41:22: Ich würde sagen zwei Sachen.

00:41:23: Das erste ist Krieg ist kein Schicksal.

00:41:26: Es ist nicht der normalen Zustand.

00:41:29: Es ist die Ausnahme.

00:41:31: Und das sollten wir so anerkennen.

00:41:35: Und das bedeutet zum zweiten, dass wir uns ernsthaft anstrengen müssen, um Institutionen zu bilden, die Krieg vermeiden oder beenden.

00:41:46: Und das sage ich nichts Neues, denn in N.V.

00:41:49: IV.

00:41:50: hat man das tatsächlich versucht und das hat relativ gut funktioniert, trotz bipolarer Welt mit Großmächten und so weiter.

00:41:58: Aber wir haben das ein bisschen vergessen und das Friedensbildung, Friedensförderung besser, dass das eine wichtige Aufgabe ist, neben Verteidigung und Verstärkung von unseren Armeen.

00:42:16: Das heißt, Frieden ist keine Selbstverständlichkeit, obwohl wir eigentlich friedvolle Wesen sind.

00:42:21: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass das friedlich bleibt sozusagen.

00:42:24: Genau.

00:42:25: Ja, oder wieder Wert, wenn es geht.

00:42:28: Wir sind in beiden sehr gut.

00:42:29: Krieg und Frieden, aber müssen nicht vergessen diesen Friedens-Talente auch weiterzuentwickeln.

00:42:35: Wunderbar.

00:42:35: Ich danke Ihnen sehr für Ihre Zeit.

00:42:38: Gerne.

00:42:39: Wer mehr über die Evolution der Gewalt wissen möchte, sollte ins bereits erwähnte Buch von Karl von Scheig reinlesen.

00:42:46: Es belegt den zweiten Platz bei den Wissensbüchern des Jahres, in der Kategorie Zündstoff.

00:42:54: Welche weiteren Bücher von Bild der Wissenschaft ausgezeichnet sind, erfahrt ihr im Dezemberheft und auf wissenschaft.de.

00:43:02: Dort lest ihr außerdem Artikel über die Quantentechnologie.

00:43:05: Die Links zu den Wissensbüchern und zum Titelthema anlässlich des Quantenjubiläums Jahres findet ihr in den Show Notes.

00:43:13: In der nächsten Podcast-Folge blicke ich dann zusammen mit dem Biochemiker und Vizepräsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft Peter Seeberger auf das Wissenschaftsjahr twenty-fünfundzwanzig zurück.

00:43:24: Über Feedback freuen wir uns jederzeit, meldet euch gerne per Mail oder über Instagram.

00:43:30: Vielen Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.

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